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06 Mai 2013
ST. LEONHARD – DIE AUSGRABUNGEN

CDU-Frankfurtmagazin

Die St Leonhardskirche direkt am Mainufer ist eines der bedeutendsten und beeindruckendsten Denkmäler Frankfurts. Die seit 2008 laufenden Sanierungsarbeiten im Inneren haben ihre herausragende historische Stellung mit sensationellen Funden unterstrichen. Von Hermann Wygoda

Bei den Arbeiten für eine neue Bodenhei­zung wurde unter der nördlichen Seiten­apside in zwei Metern Tiefe ein Stück des romanischen Vorgängerbaus ausgegraben, und es konnten zudem Bauteile eines weiteren, noch älteren Gebäudes nachgewiesen werden. In der zum Main gelegenen Seitenapside wurde eine als Sensationsfund geltende Figurengrup­pe, die drei klagende Menschen darstellt, aus der Spätgotik, gefunden. Es wird vermutet, dass die Figuren zu einer Darstellung des Grabes Jesu gehören könnten. Die 60 Zentimeter großen Terracottafiguren sind bemalt und wurden in die Zeit zwischen 1400 bis 1430 eingeordnet. Schon bei ihrem Auffinden konnte sie von absolut her­ausragender Qualität bewertet werden, was die späteren Untersuchungen bestätigten. Nach den ersten Recherchen wurden die Figuren mit der Hallgartener Madonna, die im Louvre steht, verglichen und wegen ihres besonders schönen und lieblichen Stils der Region des Oberrheins zugeordnet, ohne dass der Meister oder seine Werkstatt näher bestimmen werden konnte.

Kirche St Leonardt außen

Die St Leonhardskirche nach ihrer Außenrenovierung  Foto: Wygoda

Der „Atzmann“

Die weiteren Ausgrabungen brachten einen so­genannten „Atzmann“ zutage, eine steinerne, fast mannsgroße Figur die ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert stammt. Der soggenannte „Atz­mann“ stand vermutlich in der Nähe des Altars und trug liturgische Bücher oder die Bibel. Auch Reste einer Wandmalerei konnten freigelegt werden, die auf die frühere Außenmauer der Sakristei aufgemalt waren. Dies ist eine große Sel­tenheit in der Malerei. Später wurde vor dieser Malerei der sogenannte Brommenchor, nach sei­nem Stifter genannt, im 15. Jahrhundert ange­baut. Zunächst war dieser Chor für die Besucher offen, er wurde später zugemauert. Auch hier konnten weitere Figuren gefunden werden, die ebenfalls aus dem 15. Jahrhundert stammen. Nach dem Ende der Restaurierungsarbeiten soll der Chor wieder geöffnet werden. Weitere Er­kenntnisse über eine der ältesten Kirchen Frank­furts erhoffen sich die Denkmalschützer von den 18 Grabplatten, die aus dem Bauschutt frei­gelegt wurden.

Fußbodenniveau wie 1530

St Leonhrad Bodenebene

Während der Grabungsarbeiten wurde der Fußboden bis auf den Untergrund abgesenkt. Er wird später auf das Niveau der Säulen wieder aufgefüllt werden Foto: Wygoda

Im Rahmen der Sanierungsarbeiten ist vorgese­hen, das Niveau des Fußbodens um 40 bis 90 Zentimeter abzusenken, damit das Niveau er­reicht wird, das die Kirche etwa um 1530 hatte. Die Besucher werden dann nicht nur die Säulen des Engelbertportals aus der Zeit um 1220 kom­plett sehen können, sondern auch die Malereien im Chorraum, die bisher durch den höheren Fuß­boden teilweise verdeckt waren.

Der Autor ist Reporter und Fotograf und lebt in Frankfurt am Main.

Aktueller Buchtipp Karen Stolleis Der Kirchenschatz von St. Leonhard in Frankfurt

Verlag Schnell+Steiner 2013 ISBN 978-3-7954-2515-9 €49,95

06 Apr 2012
FLUGHAFEN FRANKFURT DREHSCHEIBE DER GLOBALISIERUNG

Der Frankfurter Flughafen bietet insbesondere produzierenden Unternehmen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Mit Liefer- und Servicezeiten innerhalb von 24 bis 48 Stunden weltweit können sie punkten.

„Der Flughafen ist überlebenswichtig für Frankfurt“, warnte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Immobilienchancen, Ulrich Höller, dieser Tage vor Journalisten. Höller bebaut gerade das Maintor-Areal, eine Immobilien-eine Immobilienentwicklung für rund 580 Millionen Euro, bei der er darauf angewiesen ist, auch internationale Mieter für die Büros zu gewinnen. Schon 1986 hat der Investor des Opern-Turms, Jerry Speyer, beim Bau des Messeturms, darauf hingewiesen, dass Frankfurt „die einzige Stadt weltweit ist, in der man in 15 Minuten vom Flugzeug in seinem Büro ist“.

Aber nicht nur Immobilienfachleute schätzen Frankfurts schnelle Erreichbarkeit aus aller Welt. Aber nicht nur Immobilienfachleute schätzen Frankfurts schnelle Erreichbarkeit aus aller Welt. Auch die Unternehmen in der Region machen immer wieder deutlich, dass sie ihren Geschäftserfolg nicht zuletzt den Verbindungen verdanken, die ihnen der Flughafen sowohl für den Transport ihrer Produkte und Waren, als auch für den kurzfristigen Service beim Kunden innerhalb von 24 oder 48 Stunden ermöglicht

Eines dieser Unternehmen ist die Christian Bollin Armaturenfabrik in Frankfurt-Sossenheim, ein mittelständischer Hersteller von Armaturen für praktisch alle Anwendungen.

Hier werden mehr als 3.000 verschiedene Armaturen entweder auf Lager gehalten oder aber innerhalb kurzer Fristen gefertigt und an den Kunden ausgeliefert. „Wir können unsere Produkte innerhalb von etwa einer Stunde nach Fertigstellung am Flughafen über die Spedition zum Versand bereitstellen, die dann in zwei Tagen etwa in Beijing beim Kunden sein können“, erläutert die Firmenchefin Dagmar Bollin-Flade.

Selbst die Betreiber der Internet- Hotels in Frankfurt sehen die zah rhen Mnnlirhkpiten Frankfurt an oder Europa vergleichen, sondern mit New York, Los Angeles, Dubai oder Hongkong. Das ist die Liga, in der wir hier in dem vergleichsweise kleinen Frankfurt spielen“.

Für produzierende Unterneh­men sind jedoch nicht allein die Lieferzeiten für ihre Aufträge von Bedeutung. Mindestens ebenso viel Bedeutung kommt den Zeiten für Ersatzteillieferungen oder für die Si­cherstellung des Services zu. So ist die Sicherstellung von Servicezeiten innerhalb von 24 bis 48 Stunden, und das weltweit, eines der besten Argumente für Verkaufsabschlüs­se. Deshalb unterhalten eine Viel­zahl großer Unternehmen wie etwa Siemens Medical oder Airbus direkt auf dem Flughafengelände oder aber in unmittelbarer Nähe des Airports große Ersatzteillager, um die schnel­le Versorgung weltweit sicherstel­len zu können.

„Um diese Liefer- oder Service­zeiten zu erreichen, ist eine Logistik­kette notwendig, die sich nicht allein auf die Frachtflugzeuge stützt, son­dern gerade die vielen Passagierflug­zeuge des Hubs Frankfurt ermögli­chen erst das dichte Netz. Rund 50 bis 70 Prozent der Frachttransporte werden als Beiladefracht in den Pas­sagierflugzeugen befördert“, erläu­tert der Geschäftsführer des House of Logistic and Mobility (Holm), Ste­fan Walter, die besondere Rolle des Frankfurter Flughafens für die Logistik der Unternehmen sowohl in der Region FrankfurtRheinMain als auch Deutschlands. Vom Frankfurter Flug­hafen bestehen durch die Verknüp­fung der Verkehrswege Luft, Schie­ne, Straße und Wasser auf engstem Raum die besten weltweiten Verbin­dungen. So bieten etwa die Deutsche Lufthansa und ihre Cargo-Tochter 160 Passagier- und 70 Frachter-Flug­zeuge sowie 90 Lastkraftwagen-Ver­bindungen in einem regelmäßigen Li­nienverkehr an.

Auch der weltweit tätige Kon­zern für Spezialchemie, Clariant, weiß, welche Vorteile ihm die Nähe seiner Standorte zum Frankfurter Flughafen bringt: „Hier im Rhein-Main-Gebiet profitiert Clariant mit seinen 2 500 Mitarbeitern von der ex­zellenten Infrastruktur. Über Straße, Schiene, Wasserweg und den Flugha­fen Frankfurt sind unsere drei Stand­orte in Höchst, Sulzbach und Wies­baden weltweit verbunden“, so Ulrich Ott, Leiter Deutschland der Clariant. Zudem sei der Frankfurter Flughafen das Entree für die zahlreichen inter­nationalen Gäste und Mitarbeiter des Unternehmens. „Für uns als forschen­des und produzierendes Unternehmen ist dies ein kaum zu überschätzender Standortvorteil“, sagt Ott.

Die Produktionsstätten von Cla­riant liegen auch im Industriepark Höchst, wo annähernd 90 Unterneh­men mit etwa 22 000 Mitarbeitern ihren Sitz haben. Auch Jürgen Vormann, Vorsitzender der Geschäfts­führung von Infraserv, dem Betreiber des Industrieparks, nennt die unmit­telbare Nachbarschaft zu allen Ver­kehrsträgern den „wichtigsten Stand­ortvorteil des Industrieparks Höchst“, dessen erfolgreiche Entwicklung am Standort „durch die Nähe zum Frank­furter Flughafen unzweifelhaft posi­tiv beeinflusst“ werde.

Zur Diskussion über die Nacht­flüge hat der Luftfahrt-Logistikex­perte des Fraunhofer Instituts für Luftfahrtlogistik, Heinrich Frye, einen Vorschlag eingebracht, der aufhor­chen lässt: „Ich sehe Möglichkeiten, auf Nachtflüge mit Cargo-Flugzeu-gen zu verzichten. Doch wäre dazu die notwendige Voraussetzung, dass dieses Nachtflugverbot für alle eu­ropäischen Flughäfen gilt.“ Die ein­zigen Ausnahmen vom Nachtflugver­bot müssten für die Standorte von UPS, DHL und Fed Ex gelten. Denn auch er sieht es als nicht praktika­bel an, den Cargo-Luftverkehr vom Passagierverkehr durch eine Verlage­rung etwa auf den Flughafen Hahn zu trennen. „Das wäre mit viel zu ho­hen Kosten für die doppelte Einrich­tung der Technik und die doppelte Zahl der Mitarbeiter verbunden und führte auch zu einem nicht zu ver­antwortenden Zeitverlust,“ sagt er.

Darin sind sich der Cargo-Exper-te und der Finanzvorstand der Luft­hansa Cargo-Tochter, Peter Gerber, einig. Gerber sieht allerdings ein mögliches Nachtflugverbot für ganz Europa eher skeptisch. „Wir werden, falls es in dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig tatsächlich zu einem Nachtflugver­bot kommen sollte, in den kommen­den drei bis fünf Jahren eine lang­same Abwanderung etwa an die Flughäfen Paris und Amsterdam er­leben“, sagt er voraus. Gerber geht jedoch davon aus, dass das höchste Verwaltungsgericht sein Urteil nach der geltenden Rechtslage fällen wer­de. Der Bund sei für den Luftverkehr in der Bundesrepublik zuständig, während die Länder alle Luftfahrt­entscheidungen nicht aus eigener Kompetenz, sondern ausschließlich in Auftragsverwaltung für den Bund fällten. I

22 Feb 2011
Dynamischer Dadaismus- Hermann Wygoda fotografiert den Frankfurter Osten in all seinen Widersprüchen

Von Ute Süßbrich

Frankfurter Rundschau  19/20- 2- 2011    Sie ist schwer zu fassen. Drängt aber und will wachsen. Immer weiter weg von ihren einstigen Acker- und Gartenflächen, weg vom eingeschossigen Gewerbe, himmelwärts. Die Landschaft des Frankfurter Ostends ist längst ar­chitektonisch und in verwirrend viele Facetten gespalten. Wer da einen Überblick sucht, findet ihn nicht so schnell.

Details und die Art, wie die Ein­zelbausteine des Frankfurter Os­tens in Erscheinung treten, zeigt indes eine Fotoausstellung von Hermann Wygoda auf: „Das Os­tend – Frankfurts Zukunftswerk­stadt“. Auf dem Flur des Hauses der AWO schmücken derzeit 30 Fotos des 62 Jahre alten Reporters und Fotografen Wygoda die Wän­de – archivierte Dokumente eben­so wie frische Eindrücke, Ansich­ten der alten Großmarkthalle ebenso wie Einblicke in verborge­ne Winkel verwilderter und ver­rufener Urbanität.

Natürlich habe er „eine Aus­wahl treffen müssen“, sagt Wygo­da, „geblieben sind die Bilder, die am markantesten demonstrieren, was das Ostend so typisch macht.“

Motiv aus der Ausstellung: Idylle Schwanenstraße  Foto: Wygoda

Was also ist typisch? Ein Rund­gang gibt Aufschluss: Die leuch­tend roten High Heels des Eros-Centers, die fleischigen Rinds­würste bei Gref-Völsing, das tiefe Nachtblau über Stoppelfeldern, Stahlbrücken und Fluss, Badende

am Schwedlersee, die Waschkü­che im Drogenzentrum „East-end“, der farbige Kabelstrauß des Internet-Knotens DeCix – oder et­wa der Weg zu einem Garten, der versperrt ist vom Grün der Kiefern und dem der beiden grell lackier-

ten Klappläden? Es sind vor allem die Provisorien, die auffallen und kombinieren, wo sich nichts von alleine fügt.

Zwischendrin trennen Bahn­gleise, Hochufer, Containerinseln und zugige Trassen für den Schwerlastverkehr. Wenn Frank­furt berüchtigt ist für bauliche Wi­dersprüche, so bezeugen Wygodas Ostend-Fotos eine geradezu dadaistische Kombinatorik. „Hier steht zusammengewürfelt, was bislang säuberlich getrennt war: Industrie- und Hafenflächen wer­den zu Wohn- und Arbeitsräu­men. Nachtclubs, Werbeagentu­ren, Designerbüros und Labors für Hightech pflanzen sich zwi­schen das Automobilgewerbe. Das birgt eine fruchtbare Dyna­mik“, meint Wygoda.

Dass das Ostend als „Werk­stadt“ fungiert, leuchtet ein. Alles scheint dort möglich, sogar dass Frankfurt, wie die Fotos zeigen, historisches Beiwerk einmal un­angetastet lassen könnte: ein französisches Pissoir, dessen Pilz­kopf keck aus dem Unkraut ragt oder die alte Pferdetränke, deren Becken vor den Autohäusern auf der Hanauer Landstraße ihre Nutzlosigkeit zur Schau stellt.

Das Ostend ist Projekt. Symbol dafür stellt der Entwurf der für 2014 geplanten Zentralbank Eu­ropas EZB vor: „Kurios: Es ist das Ostend, von dem aus eine der mächtigsten Währungen der Welt gesteuert werden wird!“

Ist Wygoda stolz auf das Vier­tel, in dem er seit drei Jahrzehn­ten lebt? „Dass ich im Ostend wohne, ist Zufall. Interessiert hat es mich immer. Allerdings schär­fen wir Bewohner hier jetzt unse­re Sinne, damit wir nicht abge­drängt werden von den großen Projekten.“ Nicht nur die Immobi­lienmanager, auch gewöhnliche Frankfurter hätten nämlich inzwi­schen entdeckt, dass sich der Os­ten unmittelbar an die Innenstadt schmiegt. „Bislang fühlte sich das Viertel doch an, als liege es weit draußen hinter den blauen Ber­gen.“ Frankfurts rückt also gen Osten. Das Ostend indessen strebt in die Höhe. Zu übersehen sein werden die „blauen Berge“ künf­tig wohl nicht mehr.

Die Fotoausstellung „Das Ostend -Frankfurts Zukunftswerkstadt“ ist im Haus der AWO, Henschelstraße 11, bis 30. April zu sehen. Montags bis don­nerstags, 9 bis 17, freitags, 9 bis 12 Uhr.

13 Dez 2010
Das Ostend – der Stadtteil voller Überraschungen Fotoausstellung von Hermann Wygoda im Haus der AWO Frankfurt

FRANKFURT-LIVE-COM

(11.12.10) Mit rund 30 Fotografien zeigt der Frankfurter Reporter und Fotograf Hermann Wygoda das alte und neue Bild des Frankfurter Ostends. Von der Großmarkthalle und ihrem Umbau in die Zentrale der Europäischen Zentralbank, eine der wichtigsten und mächtigsten der Welt, bis zur Lahmeyerbrücke wurden die markantesten und interessantesten Motive aus dem Frankfurter Stadtteil ausgewählt, der noch vor wenigen Jahren als „Schmuddel-Stadtteil“ angesehen wurde.

Zu dem Bild des Ostends gehören ebenso die Künstlerateliers, Gref Völsings Rindswürste, die Server im DE-CIX, das Institut für Neue Medien, der Ostpark und der Zoo oder die Automeile auf der Hanauer Landstraße und das Containerterminal im Hafen. Auch an das ehemals jüdische Viertel Frankfurts, das in der vernichteten Synagoge an der Friedberger Anlage sein sichtbares Symbol verloren hat, wird in der Ausstellung mit historischen und aktuellen Aufnahmen gedacht. Mit seinen vor zehn Jahren fertig gestellten Bürogebäuden in der Hanauer Landstraße, hatte der Immobilienentwickler Ardi Goldmann die Initialzündung für die Neuentwicklung der Hanauer Landstraße nach dem Verlust ihrer Aufgabe als Industriestandort gegeben.

Die Ausstellung im Haus der AWO Frankfurt zeigt bis um 30 April 2011 die ganze Bandbreite des Stadtteils mit historischen Fotos, die die Entwicklung des Stadtteils verdeutlichen. Was im 19. und dem beginnenden 20. Jahrhundert der Hafen war, sind heute im Ostend die IT-Infrastruktur und die Europäische Zentralbank, die der Stadt weltweites Renommee verschaffen.

„Frankfurts Ostend ist, auch wenn viele das nicht wahrnehmen, einer der vielfältigsten und spannendsten Stadtteile Frankfurts“, sagte die Vorsitzende der AWO Ostend und des Frankfurter Bundes für Volksbildung, Dr. Renate Wolter-Brandecker, in ihrer Einführung zu der Ausstellung. Die Arbeiterwohlfahrt wolle, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die in dem Gebäude arbeiten, ein Gefühl für den Stadtteil vermittelt wird.

Die AWO Kreisverband Frankfurt am Main e. V. ist sowohl mit ihrer Geschäftsstelle als auch mit einer ihrer größten Pflegeeinrichtungen, dem August-Stunz-Zentrum, im Ostend verankert. „Als Wohlfahrtsverband wollen wir im Rahmen unserer Kampagne „Solidarische Stadtgesellschaft“ dafür Sorge tragen, dass der Wandel des Ostends ein sozial verträglicher wird“, erklärt Dr. Jürgen Richter, Geschäftsführer der AWO Frankfurt. „Aber natürlich zählt zur Lebensqualität eines Stadtteils noch vieles mehr, insbesondere das kulturelle Angebot. Darum haben wir die Fotoausstellung von Hermann Wygoda hier zu uns ins Haus geholt und laden alle Ostend-Fans und Interessierte sehr herzlich dazu ein.“

Das Ostend – Frankfurts Zukunftswerkstadt
Das Ostend ist 6,43 Quadratkilometer groß, hier leben rund 27.000 Menschen und es ist der Stadtteil, in dem ein wichtiger Teil von Frankfurts Zukunft in den vergangenen zehn bis 15 Jahren gemacht wurde und noch immer gemacht wird. Der Stadtteil beginnt am Main auf der östlichen Seite der Obermainanlage. Die Grenze verläuft auf der Flussmitte bis zum Hafenbecken II des Oberhafens und dann entlang der Carl-Benz- und der Dieselstraße. Hinter der Lahmeyerbrücke überschreitet sie die Bahngleise und verläuft parallel bis zur Ratswegbrücke nach Westen. Bis zur Eissporthalle begleitet sie auf der südlichen Seite den Ratsweg, knickt an der Ostparkstraße nach Süden und folgt der Bornheimer Landwehr bis zur Arnsburgerstraße und dem Sandweg. Der Sandweg ist die westliche Begrenzung bis zur Obermainanlage.

Die Geschichte des Stadtteils begann im 19. Jahrhundert, davor erstreckte sich Acker-, Wiesen- und Gartenland entlang der Hanauer Landstraße. Als Oberbürgermeister Adickes sich 1890 entschloss, den neuen Osthafen zu bauen, begann der Aufschwung des Ostends als wichtigstes Industriegebiet Frankfurts. Und das ist es, mit Unterbrechungen, bis heute geblieben – nur, dass sich die ansässige Industrie verändert hat. Am besten ist das an einem großen Grundstück hinter der Ratswegbrücke zu erkennen. Bis zum Jahr 1993 wurde hier bis zur Daimlerstraße bei Messer-Griesheim Gas für die Schwerindustrie produziert. Heute wird auf dem gleichen Grundstück die wohl wichtigste Ressource des 21. Jahrhunderts verwaltet: das Internet. Hier steht der inzwischen weltweit wichtigste Internet-Austauschknoten, der DeCix.

Auch der weltberühmte Frankfurter Zoo hat im Ostend seinen Platz, ebenso wie das Frankfurter Filmhaus und das Medienzentrum. Zu dem besonderen Flair dieses Stadtteils tragen neben vielen Künsterateliers auch Werbeagenturen, Filmmacher, und nicht zuletzt die angesagtesten Nachtclubs der Stadt bei. Aber es gibt im Ostend auch den zusammen mit dem neuen Osthafen angelegten Ostpark als eines der großen innerstädtischen Erholungsgebiete. Seit die Kohle vom Erdgas abgelöst wurde, finden sich heute Wohn- und Freizeitflächen auf dem früheren Industriegelände der Weseler- und Ruhrorter Werft.

Die Ausstellung „Das Ostend – Fotografien von Hermann Wygoda“ ist vom 7. Dezember 2010 bis zum 30. April 2011 im Haus der AWO Frankfurt (Henschelstraße 11, 60314 Frankfurt am Main / Ostend) zu sehen.
Öffnungszeiten: Montag bis Donnerstag von 9 bis 17 Uhr, Freitag von 9 bis 12Uhr.
Öffentliche Verkehrsmittel: U 6 bis Ostbahnhof, Ausgang Danziger Platz. (hbh)

Hermann Wygoda, Jahrgang 1948, arbeitet seit 1977 in Frankfurt am Main als Reporter und Fotograf für mehrere Zeitungen, Zeitschriften, den Hessischen Rund-funk und das Internet. Daneben hat er bereits eine Vielzahl von Ausstellungen als Kurator organisiert.

1999 war er im Historischen Museum Frankfurt an der „Geburtstagsausstellung“ zum 250. Geburtstag von Johann Wolfgang Goethe beteiligt. Er betreute die Abteilung „Goethe in Frankfurt am Main heute“ und nutzte zum ersten Mal in einem Frankfurter Museum das Internet als Ausstellungsgegenstand, um dem Publikum „Goethes Adressen im Internet“ zu zeigen.

2001 erarbeitete er im Haus am Dom des Museums für Moderne Kunst die Ausstellung über den früheren Frankfurter Fotografen Paul Wolff.

2004 kuratierte er im Karmeliterkloster die Ausstellung über die Geschichte des Jazz in Frankfurt am Main „Der Frankfurt Sound – Eine Zeitreise in Jazz“.

2007 war er Kurator für die Ausstellung „Hafenstadt Frankfurt am Main“ für die Frankfurter Hafenmanagementgesellschaft. Nach dieser Ausstellung veröffentlichte Hermann Wygoda das Buch „Hafenstadt Frankfurt am Main“, das im Verlag B3 erschienen ist (s. Besprechung in Frankfurt-Live.com).

2009 präsentierte der Frankfurter Reporter und Fotograf eine Ausstellung zum 150. Jubiläum der Frankfurter Hafenbahn.

12 Dez 2010
Eine Zukunftswerkstatt Ostend – das Labor der Stadt

JOURNAL FRANKFURT

8.Dezember 2010   Das Ostend verändert sich ständig. Eine Baustelle folgt der anderen. Den Wandel der Zeit hat Hermann Wygoda mit seiner Kamera festgehalten. Die Bilder werden jetzt in der AWO-Zentrale ausgestellt.

Über 30 Bilder zieren den langen Flur in der Zentrale der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Wir befinden uns mitten im Frankfurter Ostend und blicken auf Fotos, die die Wandlung des Viertels festhalten. Da sieht man eine Frau ohne Oberkörper mit langen Beinen, die Großmarkthalle wie sie früher aussah und wie sie einmal als neue Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) aussehen soll, ein Metzger der Rindswürstchen von Gref Völsings formt und das „Eastside“ in der Schielestraße, die größte europäische Einrichtung für Drogenabhängige. Das Ostend hat viele Gesichter: Die Automeile, die Werbemeile, die Clubmeile, die Straße mit den wichtigsten Internetverbindungen Europas, den Ostpark, den Zoo, Künstlerateliers und den Frankfurter Hafen. „Und in wenigen Jahren wird aus dem Stadtteil eine der wichtigsten Währungen der Welt gesteuert“, so Henning Hoffmann, Verbandsreferent der AWO, die die Idee für die Ausstellung „Das Ostend – Frankfurts Zukunftswerkstatt“ hatten. Reporter und Fotograf Hermann Wygoda war begeistert und stellte seine Bilder zur Verfügung. Immerhin lebt er seit 15 Jahren im Ostend und hat die Entwicklungen mit seiner Kamera festgehalten. „Der Stadtteil verändert sich ständig“, so Henning Hoffmann. „Das sieht man an den Baustellen auf der Hanauer Landstraße und der Sonnemannstraße. Das Ostend ist im Umbruch. Und nicht nur weil hier in vier Jahren das neue Wahrzeichen der EZB stehen wird.“

Wygodas ganzer Stolz ist die Computersimulation des neuen EZB-Gebäudes. Die Türme ragen in den Frankfurter Nachthimmel und das neue Foyer, die ehemalige Großmarkthalle, ist erleuchtet. „Dieses Bild hat niemand“, so Wygoda. Er habe es auf einem Fototermin entdeckt und den Veranstalter gebeten, es für ihn freizugeben – mit Erfolg. Ein Lieblingsbild hat der Fotograf allerdings nicht. All seine Bilder haben eine besondere Bedeutung für ihn. Und wäre mehr Platz im Tagungsbereich der AWO gewesen, hätte er noch andere Blickwinkel des Stadtteils zeigen können. „Denn das Ostend ist und bleibt die Zukunftswerkstatt für Frankfurt.“

Die Ausstellung läuft noch bis Ende April. Montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr sind die Fotografien in der Heschelstraße 11 zu sehen. Eintritt frei.

Julia Lorenz

09 Dez 2010
Das Ostend im Wandel der Zeit Fotograf Hermann Wygoda hält seine Heimat in Bildern fest und stellt nun bei der AWO aus

8.12.2010  Frankfurter Neue Presse

Das Ostend für Fotograf Hermann Wygoda mehr als ein Stadtteil es ist Heimat und Zukunftswerkstatt zugleich. Diesen Eindruck hat er mit der Kamera festgehalten und in der Zentrale der Arbeiterwohlfahrt ausgestellt. Gestern war die Eröffnung.

Ostend. Den Weg zu Hermann Wygodas Fotoausstellung über das Ostend weist eine Dame ohne Oberleib. Der Betrachter sieht zwei Beine, ein knappes, knallrotes Höschen, daneben ein Schild: Eros-Center. Ein passendes Bild als Einstieg, findet Wygoda. Aus zwei Gründen: Die Oskar-von-Miller-Straße, wo das Etablissement steht, ist gewissermaßen der Eingang zum Ostend. Und die Farbe der Hose ist die gleiche wie die der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die vor ein paar Jahren in die Henschelstraße im selben Stadtteil gezogen ist und wo auch die Ausstellung zu sehen ist. Das Ostend hat eben viele Gesichter. Und die will der 62-jährige Reporter und Fotograf mit seinen Fotos zeigen.

Stadtteil im Umbruch

Die Idee für die Ausstellung, die gestern eröffnet wurde, kam von der AWO. Das Ostend ist im Umbruch, verändert sich ständig nicht nur, weil hier in vier Jahren das neue Wahrzeichen der Europäischen Zentralbank stehen wird, sagt Verbandsreferent Henning Hoffmann. Bei uns gehen viele Mitarbeiter und Leute von außerhalb ein und aus. Denen möchten wir unseren Stadtteil zeigen.

Einladungskarte zur Ausstellung das Ostend Foto:Wygoda

Hermann Wygoda, der auch für die Frankfurter Neue Presse im Rhein-Main-Gebiet unterwegs ist, war da genau der Richtige. Er wohnt seit 15 Jahren im Ostend, ist hier viel beruflich unterwegs und hat mit seiner Kamera die Entwicklung festgehalten. Das Ostend ist eine Zukunftswerkstatt, sagt Wygoda. Er läuft auf und ab im Gang der AWO-Zentrale, wo seine Bilder an der Wand aufgereiht sind; hier und da bleibt er stehen, streicht sich über den grauen Bart. Ein kleinerer Mann mit schwarzem Jackett über knallrotem Pullover, am Revers steckt eine Comicfigur als Anstecknadel. Es ist nicht seine erste Ausstellung, die er präsentiert. Aber eine, die ihm besonders am Herzen liegt.

Altes und Neues

Das ist der Frankfurter Internetknoten Decix, der verläuft unter der Hanauer Landstraße eine der wichtigsten Verbindungen, praktisch unter unseren Füßen, sagt Wygoda und deutet auf einen Rechner, aus dem viele bunte Kabel quellen. Ein paar Schritte weiter das genaue Gegenteil von Hightech: Ein Metzger formt aus Fleischteig Würste; konzentriert sieht er aus. Metzgerei Gref Völsig steht auf dem Schild darunter. Die haben den Metallclip mitentwickelt, der dann weltweit statt Kordel zum Abbinden des Wurstdarms verwendet wurde. Man sieht: Zukunft und Vergangenheit liegen im Ostend eng beieinander.

Hermann Wygoda hat nicht alle Bilder nur für die Ausstellung geschossen. Einige stammen aus seinem Archiv das von der Weseler Werft zum Beispiel, ein Schwarzweiß-Bild, hat er 1997 aufgenommen. Bei manchen Motiven hatte ich richtiges Glück das hier, er deutet auf ein Foto vom Zoogesellschaftshaus, das in einem Meer von Lichtern liegt, war nicht wegen mir angeleuchtet, sondern wegen einer Feier. Ich war nur zufällig vor Ort. Genauso kam ihm das Parkhaus recht, das neu gebaut wurde und von dem aus er die Union-Brauerei fotografieren konnte. Oder die Hafenbahn-Ausstellung im Ostbahnhof, wo praktischerweise eine alte Dampflokomotive direkt neben einem ICE parkte. Da braucht man nur noch draufzudrücken und hat ein Foto, das viel aussagt.

Sein ganzer Stolz ist aber das Bild, das gleich links am Eingang an der Wand hängt: Eine Animation des neuen Gebäudes der Europäischen Zentralbank. Elegant schwingt sich der Turm in den Nachthimmel, am Fuß ist die Großmarkthalle erleuchtet, die das neue Foyer werden soll. Das habe ich auf einem Fototermin gesehen und den Veranstalter gebeten, es freizugeben. Es hat mich einfach fasziniert, dass vom Ostend aus bald eine der wichtigsten Währungen der Welt gesteuert wird, sagt Hermann Wygoda und lässt seinen Blick noch einmal über die Fotos schweifen; er sieht zufrieden aus. jro

Die Ausstellung ist montags bis donnerstags von 9 bis 17 Uhr und freitags von 9 bis 12 Uhr in der AWO-Zentrale, Henschelstraße 11, zu sehen. Der Eintritt ist frei.

21 Mai 2010
Interview mit Wolf D. Prix, Coop Himmelb(l)au, Architekt der neuen EZB

Herr Prix: Was bedeutet der Name Coop Himmelb(l)au ?
PRIX:  Kooperative steht für Team und Himmelblau ist keine Farbe, sondern steht dafür, die Architektur wie die Wolken zu verändern. Das war 1968, als wir zum ersten Mal als Team zusammengetreten sind. Damals, vor 40 Jahren, wollten wir die Architektur sofort und radikal verändern. Wir haben aber sehr schnell gemerkt, dass das eine Überschätzung der Bauindustrie und eine Unterschätzung der Auftraggeber ist- oder umgekehrt. Die Bauindustrie war und ist bis heute nicht in der Lage, technische Entwicklungen an den Markt zu bringen. Wenn sich die Automobilindustrie so langsam entwickeln würde wie die Bauindustrie, würden wir heute noch mit Ochsenkarren fahren.

Was vermissen Sie ?
PRIX:  Ich vermisse technische Innovationen in Materialien und Technik. Man ist wahrscheinlich auch durch den Kostendruck nicht in der Lage, beispielsweise Prototypen herzustellen, um sie überprüfen zu können.

Elsässer konnte dies bei dem Bau der Großmarkthalle für das neue Dach noch tun. Dafür fehlt heute die Zeit und vielleicht auch das Geld. Ich denke aber auch, dass Innovationsfaulheit dahinter steckt.

Die Großmarkthalle mit ihrem freigeräumten Vorfeld. Foto: Wygoda

Was würde Sie denn gerne anders bauen?
PRIX:  Wolken, also flexiblere Räume als es zur Zeit möglich ist. Räume, die sich den veränderten Bedürfnissen der Nutzer anpassen.

Sie haben einmal gesagt, Sie könnten heute das bauen, was Sie sich vor 40 Jahren vorgestellt haben. Also muss es doch eine Entwicklung gegeben haben.
PRIX:  40 Jahre sind eine lange Zeit. Damals haben wir von Feedback- Räumen geträumt, Räume, die sich durch die Benutzung des Bewohners verändern. Das  ist auch eine Aufforderung an junge Architekten und meine Studenten, weit voraus zu denken. Denn es dauert ja immer fünf bis sechs Jahre von dem Entwurf bis zur Realisierung. Das liegt daran, dass große Projekte meistens durch Gremien entschieden werden, und die brauchen ihre Zeit um einen Konsens zu finden.

Das galt ja auch für die Türme der Europäischen Zentralbank (EZB).
PRIX:  Richtig. Aber wir hatten nie einen Zweifel daran, dass sie gebaut werden. Hier war es eine Frage der Ausschreibung, damit wir im Budget bleiben, wie sich ja herausgestellt hat.

Sind die EZB-Türme gegenüber anderen Hochhäusern etwas besonders für Sie?
PRIX:  Nein, denn jedes unserer Projekte ist ein Maßanzug für den jeweiligen Auftraggeber. Bei der EZB hatten wir ja auch die Aufgabe, einen Icon zu schaffen. Das war uns auch wichtig, denn wir sind nach wie vor der Überzeugung, dass die EU und damit auch die EZB eine notwendige Institution ist, auch wenn es aktuell nicht so aussehen mag. Und dafür war es uns wichtig, ein dreidimensionales Zeichen zu setzen.

Animation der künftigen EZB-Türme mit der Großmarkthalle Bild: EZB

Also ist es doch etwas besonderes geworden?
PRIX:  Ja sicher, normalerweise ist ein Hochhaus ein Grundriss mit 40, 50 oder 60 Geschossen. Das ist hier nicht der Fall.  Durch die besondere Geometrie, die komplex aber nicht kompliziert ist, bekommt das Gebäude auch seinen Mehrwert, dass es von vielen Seiten verschieden aussieht. Damit haben wir sicher auch die Typologie des Hochhauses neu definiert. Das macht dann auch das Icon aus. Durch das Konferenzzentrum in der Großmarkthalle gibt es halböffentliche und öffentliche Räume trotz der hohen Sicherheitsanforderungen. Es ist uns in Zusammenarbeit mit der EZB gelungen, diese Öffentlichkeit herzustellen.

Welches Bild hatten Sie von Frankfurt, bevor sie hier gebaut haben, und wie hat es sich verändert?
PRIX:  Frankfurt war für mich immer eine Hochhausstadt. Als Wiener war ich immer etwas neidisch, dass Frankfurt Hochhäuser bauen kann und Wien nicht. Erst durch eine Hochhausstudie, die wir vor 20 Jahren gemacht haben, ist es uns gelungen, die Wiener Stadtplanung davon zu überzeugen, dass auch das Hochhaus eine Bautypologie ist, die zu einer Stadt gehört.

Frankfurt am Main also ein Vorbild für Wien?
PRIX:  So will ich das nicht sagen, weil wir in Wien andere wirtschaftliche Verhältnisse haben, und die Hochhaussituation hier ja typisch für die Bankenmonokultur ist und wir in Wien andere Gebäudeprogramme als nur Banken haben.

Sie bauen in einem Teil der Stadt, in dem es noch keine Hochhäuser gibt. Werden die Türme der EZB das Viertel verändern?
PRIX:  Ich denke ja. Wenn die Stadtplanung und die Investoren das als Ausgangspunkt verstehen, wird hier ein zweites Zentrum entstehen. Das halte ich übrigens für jede Stadt für wichtig, denn ein monozentrisches Stadtbild ist immer eine Gefahr für eine urbane Entwicklung.

Also mehr Hochhäuser im Frankfurter Osten?
PRIX:  Ich weiß nicht, ob das geplant ist, aber es wäre gut. Aber, um kein Missverständnis aufkommen zu lassen, nicht nur Hochhäuser, das wäre nicht gut. Verschiedenheit der Typologie und der Funktionen machen urbanes Leben aus. Vielfalt und Lebendigkeit sind es, die eine Stadt ausmachen, und die sind planbar.

Sie haben in Wien ein Haus mit eigenem Kraftwerk geplant…
PRIX: Nein, nicht mit einem Kraftwerk. Das Haus ist ein Kraftwerk. Wir wollen das so genannte Passivhaus gerne als Aktivhaus sehen. Dieses Haus hat eine Fassade, die mehr Energie erzeugt als es verbraucht. Durch die Umwandlung von Sonnen- und Windenergie wird es zu einem Kraftwerk.

Bei der EZB haben Sie so etwas nicht versucht?
PRIX: Das ist auch eine Frage des Auftraggebers. Aber ich muss sagen, dass das Gebäude 30 Prozent weniger Energie verbraucht als vorgeschrieben.

Welche Rolle spielt die Energiefrage in Ihrer Architektur?
PRIX: Für uns war es immer selbstverständlich, dass wir uns mit energieeffizienten Gebäuden beschäftigen. Das gehört zum Handwerk des Architekten. In letzter Zeit wird dieser Aspekt aber immer an die Spitze der Beurteilung für die Architektur gestellt. Das halte ich für falsch. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass Häuser energieeffizient gebaut werden. Das muss aber immer auch vom Auftraggeber gewünscht werden.

Die Großmarkthalle leer   Foto: Wygoda

Es gibt Kollegen von Ihnen, die halten die Diskussion um Energieeffizienz für schädlich für die Architektur, weil damit die Funktion zu sehr im Vordergrund stehe.
PRIX: Es ist sicher nicht richtig, die Energieeffizienz als Allheilmittel für die Architektur zu sehen. Ich glaube, dass wir das Problem der Energie nur über eine neue Ästhetik transportieren werden. Diese neue Ästhetik wird die Gebäude sehr verändern. Das wird aber auch Auswirkungen auf die Stadtplanung haben, da sich die Städte dann nach den jeweiligen Klimazonen orientieren müssen.

Werden die Türme der EZB den Hochhausbau verändern?
PRIX:  Das glaube ich nicht.

Auch nicht die Diskussion über Hochhäuser?
PRIX:  Das schon. Man wird sehen, dass es ein Archetyp in der Architekturtypologie ist, einen Turm zu bauen. Diese Diskussion hat es immer gegeben und wird es immer geben. Archetypen zu unterdrücken ist aber ein sehr gefährliches psychologisches Spiel. Ein Turm ist ja nicht nur ein Zeichen für Macht, sondern auch ein Zeichen für Überblick. Und die Hochhäuser tragen zu dem medialen Bild der Stadt Frankfurt viel bei. Und in unserer Zeit, in der man fast nur noch Bilder liest, ist es besonders wichtig, dass man Bilder erzeugt.

Nun ist die EZB auch eine Verbindung zwischen dem historischen Bau der Großmarkthalle aus den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts und dem Bau des 21. Jahrhunderts.
PRIX:  Der dialektische Umgang zwischen alt und neu ist selbstverständlich auch ein Thema, das in allen europäischen Städten eine große Rolle spielt.  Aus dieser Dialektik kann man einen Formenreichtum gewinnen, den auf eine Wiese geplante Stadtviertel nicht haben. Es war selbstverständlich eine Herausforderung für uns, ein horizontales Volumen mit einem vertikalen Volumen zu verbinden. Und beide Häuser sind ja auch technisch sehr weit entwickelt. Auch dieses Zusammenspiel wird einzigartig sein.

Die Durchbrüche für den Eingangsriegel

Foto: Wygoda

Sie hatten ursprünglich ja auch einen so genannten Groundscraper, ein horizontales Gebäude, neben die Großmarkthalle stellen wollen.
PRIX:  Ja, das war eine sehr komplexe Entwicklung. Wir sind durch die Diskussion über den Denkmalschutz zu unserem jetzigen Ergebnis gekommen. Die Frage stellte sich immer, wie kommt man in das neue Gebäude hinein. Weder kann man durch Katzentüren in ein solches Hochhaus gehen, und um die Großmarkthalle herumzugehen, hätte die Halle total isoliert. Da war es ein großer Fortschritt die Funktionen aus dem Groundscraper in die Großmarkthalle als Haus im Haus zu verlegen, damit konnte auch die Sanierung der Großmarkthalle finanziell dargestellt werden. Das ist von der EZB aktiver Denkmalschutz.

Wird man denn die beeindruckende Größe der Halle auch später noch erleben können?
PRIX: Das gehört auch zu unserem Entwurfskonzept. Das Verschwenken des Konferenzzentrums und unser Vorschlag, Teile des verlangten Volumens Überdach zu legen, macht die Größe der Halle erfahrbar.

Von der Sonnemannstraße aus wird man leider wegen des Sicherheitswalls nicht mehr viel von der Großmarkthalle sehen.
PRIX: Das ist eine Sicherheitsvorschrift. Man wird schon noch einiges mitbekommen, die Halle ist groß genug. So wie sie jetzt da steht, wird man sie nicht mehr sehen, doch gehört es auch zu einer städtebaulichen Entwicklung, dass sich Blickwinkel auf ein Gebäude verändern. Das ist das Spannende an einer Stadt.
Das Gespräch führte Hermann Wygoda, freier Journalist, Frankfurt.

Hintergrund: COOP HIMMELB(L)AU

Mit dem Slogan „Architektur muss brennen“ wurde   das Wiener Büro Coop Himmelb(l)au 1980 bekannt, als sie in einer Kunstausstellung eine Holzkonstruktion an einer Hauswand in Brand setzten. Gegründet wurde das Büro bereits 1968 in Wien von den drei Architekten, Wolf D. Prix , Helmut Swiczinsky und Michael Holzer .

Auf der Documenta V in Kassel haben die Absolventen der Wiener Kunsthochschule ein flexibles Wohngebäude in Form einer Wolke entworfen, das sich den jeweiligen Wünschen und Bedürfnissen des bewohners anpasst.. Wolf Prix träumt nach wie vor davon, diese Konstruktion einmal zu realisieren.

Der Gasometer mit den angesetzten Wohnungen in Wien. Foto: Wygoda

Heute gehört das Büro mit seinen 150 Mitarbeitern zu den renommiertesten aber auch umstrittensten Architekturbüros, das weltweit Aufträge für seine oftmals spektakulären Entwürfe erhält und sich in vielen Wettbewerben durchsetzt.

In Europa sind der UFA-Filmpalast in Dresden, die zu einem Wohngebäude umfunktionierte Gasometer in Wien, die Akademie der Bildenden Künste und die BMW-Welt in München ihre bekanntesten.

Derzeit werden das von Coop Himmelb(l)au   unter anderem entworfene   Musée des Confluences in Lyon, Frankreich, das Busan Cinema Center in Busan, Südkorea und das Dalian International Conference Center in China gebaut.   2003 gewann Coop Himmelb(l)au mit seinem Entwurf für einen 180 Meter hohen Doppelturm den Wettbewerb für den Neubau der Europäischen Zentralbank (EZB) im Frankfurter Ostend.   wyg

09 Nov 2009
Wo real auf virtuell trifft – Institut für neue Medien

Seit 20 Jahren beschäftigt sich das in Frankfurt ansässige Institut für Neue Medien damit, wie die reale und die virtuelle Welt miteinander verknüpft werden können. Jetzt sollte es die Zukunftswerkstatt für FrankfurtRheinMain werden.

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Titel des IHK Wirtschaftsforums 11-2009

Der Standort könnte symbolträchtiger kaum sein: Auf den Mauern eines ehemaligen Bunkers aus dem Zweiten Weltkrieg ruht eine zweistöckige Holzkonstruktion, die dem Institut für Neue Medien (INM) Raum für seine virtuellen Projekte gibt. Und ein Stockwerk darunter gibt es Ateliers für Künstler, die an ihren Werken arbeiten. 1989 wurde Kasper König Rektor der Städelschule. Gespeist durch seine Erfahrungen in den USA holte er Peter Weibel, der dort damals eine Professur hatte, nach Frankfurt, um das INM als eigenes Institut der Städelschule zu gründen. Künstler sollten an dem neuen Standort die technischen Voraussetzungen vorfinden, um in die damals neue Welt der virtuellen Kunst einzutauchen, sich mit ihr zu beschäftigen und eigene Kunstwerke zu produzieren, die noch nicht Dagewesenes zeigen können.

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Der Bunker in der Schmickstraße im Frankfurter Osthafen Foto: Wygoda

Dabei entstanden Projekte wie „Der Tisch der Geister“, in dem dreidimensionale Körper, Pyramide und Kegel stehen und weitere Körper um sie herumschweben, von ihnen angezogen und wieder abgestoßen werden. Diese schwebenden Objekte allerdings hat der Computer selbst geschaffen. Sie sind das Produkt mathematischer Algorithmen und geschickter Programmierung.

Weibel berichtete, dass die etablierten Künstler an der Städelschule die Arbeiten der jungen Leute mit ihren Computern im besten Falle als Kitsch oder elektronische Spielereien abgetan haben, die mit Kunst wohl nichts gemein hätten. Die Medienkünstler allerdings nutzten den Computer nicht nur als Rechenknecht, sondern erschufen mit seiner Technik aus Hard- und Software neue Welten, in die der Beobachter des Kunstwerks dank der Nutzung interaktiver Techniken eintauchen oder doch zumindest an der Entstehung der neuen Welten aktiv teilhaben konnte, indem er einen Schalter bediente oder auf mehreren Schaltern umherlief. So erschuf sich jeder Betrachter seine eigene virtuelle Welt auf dem Bildschirm oder auf der Leinwand.

INM war Vorreiter in der virtuellen Welt

Wer sich heute, 20 Jahre später, diese Projekte im Film ansieht, staunt, dass sie damals bereits möglich waren. Sie werden im Karlsruher ZKM, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie, museal vorgeführt. Weibel ist dessen Direktor, und er erinnert sich an seine ersten Arbeitstage an der Frankfurter Städelschule: „Es gab noch nicht einmal einen Schreibtisch für mich, deshalb räumte mir Kasper König die Hälfte seines Schreibtisches frei.“ Gerd Doeben-Henisch, Professor an der Fachhochschule in Frankfurt, programmierte hier seine ersten Knowbots, deren Name bereits ausdrückte, dass die programmierten Agenten Wissen und Erfahrungen im Hyperraum sammeln sollten, um daraus zu lernen und später einmal selbstständig aktiv zu werden.

Diese Agenten sind jetzt in dem Planet-Earth-Simulator wiederzufinden, der inzwischen in das Projekt Open Knowledge Simulation Modeling (Oksimo) weiterentwickelt wurde. Auf der Grundlage dieses Modells wurde eine erste Anwendung mit der Kommune Rödermark (Landkreis Offenbach) entwickelt, um sie in der Planung für ihre weitere Entwicklung zu unterstützen. Zur Erinnerung: Als im INM mit diesen Arbeiten begonnen wurde, war das Internet noch nicht erfunden, sondern noch in militärischen Labors in den USA in der Entwicklung.

Ein anderes Projekt wurde für eine große Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum realisiert: In der Ausstellung über den Park in Wörlitz konnten die Besucher einen Spaziergang durch den Park machen, indem sie einen zum Spazierstock verlängerten Joystick bedienten, mit dem sie sich rechts und links des Weges umsehen konnten. Durch einen Druck auf den Knopf konnten sie sich auch solche Sichtachsen freilegen, die durch groß gewachsene Bäume verschwunden waren, indem sie die Bäume wegklappten. Heute sind solche Spaziergänge in jedem Heimcomputer über das Internet zu realisieren, und die Spaziergänger würden sich statt mit dem Spazierstock mit der Computermaus durch die Parklandschaft in Wörlitz klicken, die selbstverständlich aus realistischen Bildern und nicht aus Zeichnungen bestünde.

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Garten Wörtlitz Gotisches Haus aus dem virtuellen Spaziergang Bild: INM

Mit Rechner künstlerische Vorstellungen umsetzen
Bernhard Franken, Architekt in Frankfurt, weiß noch, was für ihn das INM bedeutete: „Als wir Anfang der Neunzigerjahre im Architekturstudium in Darmstadt eine Stadtentwicklung als Aufgabe erhielten, mussten wir zu den Maschinenbauern gehen, weil es im Fachbereich Architektur keine Rechner gab.“ Die Studenten entwickelten ihr Konzept und konnten auf der Cebit in Hannover damit sowohl Hard- als auch Softwareunternehmen überzeugen, ihnen die benötigten Rechner und Programme zur Verfügung zu stellen. „Als ich dann als Artist in Residence im INM arbeiten konnte, war dort alles vom Feinsten vorhanden, und wir konnten unsere Ideen, darunter das Projekt Skylink, realisieren, indem wir über die Stadt Frankfurt ein Netz spannten, auf dem die Stadt in der Höhe der Hochhäuser betrachtet werden konnte.“

Franken gehört heute zu den Architekten, die ihre Entwürfe zunächst vom Computer errechnen lassen, bevor sie in Zeichnungen gegossen und gebaut werden. Ähnlich haben auch die Architekten von Coop-Himmelb(l)au in Wien als Künstler begonnen, die gerne darauf verweisen, dass sie mithilfe der schnellen und leistungsfähigen Rechner „heute das bauen können, was wir uns als Künstler vorgestellt haben“. Auch die ersten Entwürfe für die künftigen Hochhäuser der Europäischen Zentralbank EZB an der Frankfurter Großmarkthalle haben sie so entwickelt.

Dem INM war allerdings an der Städelschule keine lange Zeit vergönnt. Für das Jahr 1994 stellte die städtische Kämmerei in ihrem Haushaltsentwurf lapidar fest: „Im Planansatz für 1994 sind direkte oder indirekte Leistungen für das Institut für Neue Medien nicht enthalten.“ Mit diesem Satz, der die bisherige Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Mark infrage stellte, wäre das Aus für das Institut beschlossen gewesen, obwohl es sich in diesen wenigen Jahren einen weltweit anerkannten Ruf verschafft hatte.

Schnittstelle zwischen Kunst, Wirtschaft und Wissenschaft
Der WDR zum Beispiel hat in einem Film über die digitale Kunst von den zehn vorgestellten Künstlern sieben im INM porträtiert. Und sogar in der weltweit renommierten Computerausstellung Siggraph im kalifornischen Anaheim konnten im gleichen Jahr erstmals Werke aus Frankfurt gezeigt werden. Doch der damalige Frankfurter Kämmerer, Tom Koenigs (Grüne), wollte sich die Werke nicht einmal ansehen, wie Weibel jetzt berichtete.

Die Deutsche Bank war es, die mit 300 000 Mark einsprang und das erste Überleben sicherte. Auch die Frankfurter Wirtschaftsförderung nahm sich damals des INMs an und sagte ihre Unterstützung zu. Hartmut Schwesinger, damaliger Geschäftsführer, wurde mit dem Satz zitiert: „Das ist ein wesentliches Institut, um die Standortqualität Frankfurts deutlich zu machen.“ Und Weibel macht noch immer klar: „Gerade in der heutigen Zeit, in der die Kommunikationsindustrie eine entscheidende Grundlage für das Bestehen der Dienstleistungsindustrie geworden ist, muss ein Institut wie das INM die Möglichkeit haben, für diese Industrie in der Region FrankfurtRheinMain an der Spitze der Entwicklung zu arbeiten, um ihr Überleben zu sichern.“

Michael Klein, der das Institut seit seiner Selbstständigkeit führt, sieht denn auch die Aufgabe des INM heute als „Schnittstelle zwischen Kunst und Wirtschaft, Wirtschaft und Wissenschaft, Wissenschaft und Kunst“. Das INM wurde Entwickler für die ersten Internetseiten vieler großer Unternehmen von der Deutschen Börse bis zur Fraport. Es betreut die Internetseiten der Oper Frankfurt und entwickelt Internetforen für regionale Aktivitäten wie das Kulturportal Frankfurt oder das Wissensportal für FrankfurtRheinMain.

„Wir haben im INM schon immer eigene Formate des ganzheitlichen Wissensdialogs entwickelt“, sagt Klein. Er hatte bereits 1997 dafür plädiert, das INM als Hub, das heißt als Schnittstelle, für alle Universitäten, Fachhochschulen, Unternehmen, Museen und die Industrie zu nutzen, um für das 21. Jahrhundert mit ihrer Vernetzung eine Zukunftswerkstatt für die Region FrankfurtRheinMain aufzubauen, die all jene unterstützt, die sich mit der Weiterentwicklung und der Darstellung des digitalen Raumes beschäftigen. Denn weder ist die Bedeutung des „unsichtbaren Antriebs unserer Wirtschaft“, nämlich der digitalen Rechnung mit den Ziffern 1 und 0, erkannt worden noch hat sich die stürmische Entwicklung der neuen Medien beruhigt.

Hermann Wygoda

13 Jul 2009
150 Jahre Hafenbahn- Die Geschichte einer städtischen Eisenbahn

Ausstellung für die HFM Frankfurt am Main

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Ausstellungsplakat

Die Geschichte der Eisenbahn begann in Frankfurt am Main wie man es von der Bankenmetropole erwartet: Mit einem Börsenhype. Bereits 1833, zwei Jahre bevor in Deutschland die erste Eisenbahnlok angeheizt worden war, wurde in den Zeitungen mit großer Nachdrücklichkeit auf die Vorteile und die Notwendigkeit hingewiesen, auch in Frankfurt am Main den neuen eisernen Schienenweg zu nutzen: „Der dornenvolle Weg der Zollstraßen wird fortan nicht mehr krumm und rau, er wird gerade und glatt und lockend seyn….“, hieß es da und es sei nur „Geld, Geld und abermals Geld“ für die neue Technik notwendig, um dieses „großartige Unternehmen“ in die Tat umzusetzen.

saalhof__detail_church_smalDie Verbindungsbahn an der Station Fahrtor Foto: Sammlung Church

Später wird berichtet, dass sich die Eisenbahnaktien als „Volksaktien“ entpuppten und breite Bevölkerungskreise, „Mensch en aller Stände“ ihre Ersparnisse in die Eisenbahnen investierten. Vergleiche an noch gar nicht so lange zurückliegende ähnliche Ereignisse wie die Telekom-Aktie unserer Tage liegen nahe.

Die Kaufleute und Bankiers In Frankfurt am Main erkannten schnell, welche Chancen die neue Technik ihnen und ihren Geschäften bieten konnte, und bereits 1835, zwei Jahre bevor mit dem Bau der Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Leipzig begonnen wurde, gründete man am Main bereits die erste Frankfurter Eisenbahngesellschaft.

In den Jahren 1839,1846,1848 und 1849 entstanden in Frankfurt die ersten Bahnhöfe. Allerdings gab es drei in westlicher Richtung, die etwa auf dem Gelände des heutigen Hauptbahnhof-Vorplatzes lagen und einen in der Hanauer Landstraße, der Hanauer Eisenbahn, den Ostbahnhof.

zug-der-hafenbahn-fart-aber-die-lahmeyerbracke-1931_smalLokomotive der Hafenbahn fährt über die Lahmeyerbrücke ca. 1930 Foto: ISG

Die jeweils konkurrierenden Eisenbahngesellschaften hatten es allerdings nicht als ihre Aufgabe angesehen, ihre Bahnhöfe miteinander zu vernetzen und Übergänge zu ermöglichen. Welche Folgen das für die Fahrgäste hatte, schildert dieser zeitgenössische Bericht: „Bis der Hirschgraben und mit ihm der Obstmarkt durchschritten und die Kaserne mitsamt der Weißfrauenkirche im Rücken sind, bis das Gallustor passiert ist, bis man endlich nach mancherlei Rippenstößen und Abenteuern seinen Einzug in den Vorhof des Bahnhofs hält, verstreicht weit mehr Zeit, als das dampfgeschwängerte Räderwerk braucht, um ein paar Schock Erdensöhne vom Bahnhof nach Höchst zu schleudern . . .“ Denn einen innerstädtischen Verkehr gab es durch die neuen Eisenbahnen noch nicht- weder für Passagiere noch für Güter.

Deshalb sprang die Stadt Frankfurt ein und baute für über eine Million Gulden die sogenannte „Verbindungsbahn“, die am 31. Januar 1859 ihren Betrieb auf den sechs Kilometer langen Gleisen vom Ostbahnhof zu den drei Bahnhöfen im Westen für den Güterzugverkehr entlang des Mains aufnahm.

Nach der Kanalisierung des Mains, die 1886 fertig gestellt wurde und der gleichzeitigen Eröffnung des neuen Westhafens, stellte sich diese Investition als ein Glücksfall dar. Denn alle Anlagen des neuen Westbahnhofs und des auf der linken Mainseite gelegenen Kohlehafens, wo heute die Universitätskliniken sind, wurden optimal an den Schienenverkehr angebunden.

Mit der Eröffnung des Hauptbahnhofs im Jahr 1888, der alle vier Bahnlinien im Osten und Westen der Stadt zusammenfasste, war die Hafenbahn als Verbindung zwischen dem West- und dem neuen Osthafen im Jahr 1913 sowie dem dahinter liegenden Industriegebiet in Seckbach bereits vorhanden. Sie sorgte mit dafür, dass beide Hafenteile Frankfurts wie eine Einheit funktionieren konnten und trug damit zum weiteren Aufschwung der Stadt im Industriezeitalter bei. Denn die Hafenbahn wurde mit dem Bau des neuen Osthafens auch bis in das gleichzeitig erschlossene Industriegebiet in Seckbach verlängert, in dem alle Unternehmen einen Bahnanschluss hatten. Welche herausragende Bedeutung der Erschließung durch die Eisenbahn für den neuen Osthafen bereits bei den Planungen eingeräumt wurde, macht die „Denkschrift über die Erbauung eines neuen Industrie- und Handelshafens im Osten der Stadt“ im Jahr 1907 deutlich: „Für einen Hafen, der dem Handel, dem Umschlag und der Industrie dienen soll, ist ein Anschluß an die Eisenbahn eine unbedingte Lebensfrage“. Und im weiteren wird darauf hingewiesen, dass die Betriebsführung „in dem Hafenbahnhof und im Hafen zweckmäßiger Weise in einer Hand“ liegen sollte, da die Stadt schneller als die Staatsbahnverwaltung in der Lage sei, sich „den wechselnden Bedürfnissen des Verkehrs anpassen und mehr als diese auf die Einzelwünsche der Hafeninteressenten Rücksichtnehmen“ könne.

Damit war der Grundstein für die bis heute beibehaltene Betriebsführung der Hafenbahn durch die Stadt gelegt.

Im Jahr 1913 wurde die „Städtische Hafenbahn“ gegründet.

Auch die 1928 eröffnete Großmarkthalle wurde mit einer Vielzahl von Gleisen an die Hafenbahn angebunden, da ihre Versorgung mit Obst, Gemüse und Südfrüchten fast ausschließlich über die Schiene erfolgte.

Hier auf den Gleisen der Großmarkthalle erlebte die Hafenbahn jedoch auch ihre dunkelsten Tage. Als am 19. Oktober 1941 die ersten 1.200 Juden Frankfurts aus ihren Wohnungen im Westend geholt und durch die Stadt zur Großmarkthalle getrieben wurden, wurden sie zunächst im Keller der Großmarkthalle zusammengepfercht.

Am nächsten Morgen wurden sie vermutlich auf dem Importgleis auf der Südseite der Importhalle in Dritte-Klasse-Wagen der Reichsbahn nach Lodz gefahren. Insgesamt sechs mal wurden die jüdischen Mitbürger über die Großmarkthalle auf den Weg in ihren Tod geschickt. Die Hafenbahn fuhr diese Wagen bis zur Übernahme durch die Reichsbahn zum Ostbahnhof.

1944 wurden die Großmarkthalle und die Gleisanlagen der Hafenbahn im zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Von dem inzwischen 115 Kilometer langen Gleisnetz waren 55 Kilometer zerstört; Schienen, Signale und Weichen unbrauchbar. Lediglich eine der damals acht Lokomotiven war fahrbereit. Erst 1959 waren die Schäden beseitigt, die der Krieg hinterlassen hatte.

Bis zur Mitte der 60er Jahre konnte die Hafenbahn mit dem Bau des neuen Gutleuthafens und den Industrieansiedlungen im Fechenheimer Mainbogen ihr Schienennetz auf 144 Kilometer erweitern.

Doch haben ab der Mitte der 1980er Jahre tiefgreifende Veränderung dazu geführt, dass die Hafenbahn immer mehr Massengüter verloren hat: Die Einführung des Erdgases und die Verlegung einer großen Pipeline für Erdölprodukte haben ihr sowohl den Kohletransport als auch den Transport der Mineralölprodukte weggenommen. Beides waren bis dahin die großen Transportmengen und damit auch die Umsatzbringer. Die Frankfurter Hafenbahn machte die gleiche Entwicklung wie die Bundesbahn: da die Massengüter weggefallen sind, mussten neue Transportgüter gefunden werden.

1979 wurde ein „Strukturplan“ verabschiedet, der die jährlichen Defizite der Hafenbahn reduzieren sollte, die die Hafenbetriebe jedes Jahr tiefrote Zahlen schreiben ließen.

Als am 21. Mai 1979 das erste zentralgesteuerte Stellwerk im ehemaligen Wasserturm durch den Hafendezernenten Willi Reiss und den Leiter des Hafenbahnhofs, Rudolf Wiesner, in Betrieb genommen wurde, konnten die Mitarbeiter im Rangierdienst über Sprechfunk den Disponenten ihre Fahrtrichtungen angeben, die dann die Weichen stellten. Mit dem neuen zentralen Stellwerk konnten fünf alte mechanische Stellwerke ersetzt werden. Gleichzeitig fielen zwölf Personalstellen weg.

abzweig-in-die-groaymarkthalle-kopie_smalEin stillgelegter Abzweig der Hafenbahn in die Großmarkthalle ca 2005 Foto: Wygoda

In den Jahren von 1970 bis 1985 wurde das Schienennetz auch um neunzig Kilometer gekürzt, indem unter anderem nicht mehr benötigte Gleisanschlüsse der Unternehmen abgebaut wurden. Der LKW hatte sie überflüssig gemacht.

Seit dem Jahr 2007 hat für die Frankfurter Hafenbahn eine neue Zeitrechnung begonnen: Sie fährt seitdem auch im Hanauer Hafen, wo sie im Auftrag eines Logistikunternehmens der OilTanking die Tankzüge vom Gleis der Bundesbahn abholt und sie beladen wieder zum Abholen bereitstellt. Pro Jahr fährt die Frankfurter Hafenbahn in Hanau für diesen Kunden 700.000 bis 900.000 Tonnen Mineralölprodukte.

neue-lokomotive_d_smallNeue Lokomotive der Hafenbahn vor der Lokwerkstatt Foto: Wygoda

Im Jahr 2009 umfasst das Schienennetz noch 56 Kilometer. Zu den vier Loks des Fuhrparks wird in diesem Jahr eine neue fünfte Lok in Dienst gestellt werden. Über die Übergangsbahnhöfe „Frankfurt-Griesheim“ und „Frankfurt Ost“ bestehen direkte Anschlüsse an das regionale und überregionale Schiennetz der Bundesbahn. Ihren Betrieb wickelt die Hafenbahn im Jahr 2009 mit 104 Mitarbeitern aus sieben Nationen ab.

20 Aug 2006
Docklands am Main- Ausstellung Hafenstadt Frankfurt am Main

Als noch niemand an Hochhäuser dachte: Eine Ausstellung zur Geschichte der Frankfurter Häfen

FAZ 18-8-2006

Normalerweise steht das Modell im Ma­gistratssitzungssaal von Wörth am Main, einer Stadt südlich von Aschaffenburg. Seit gestern aber kann man die „Maakuh“ im Kontorhaus am Frankfurter Osthafen sehen. Seinen Namen bekam dieses unge­wöhnliche Schiff, weil sein Signalton an das Muhen einer Kuh erinnerte, außer­dem hörte man immer Ketten rasseln wie in einem Stall, wenn es irgendwo auftauch­te. Solche Kettenschleppdampfer waren früher regelmäßig auf dem Main unter­wegs. Das Prinzip funktionierte so: Auf dem Flußboden zwischen Mainz und Bam­berg lag eine schwere Metallkette. Sie guckte jeweils nur an der Stelle aus dem Wasser, an der das Schiff gerade war, und wurde vom Bug über eine Dampfmaschi­ne zum Heck geführt. Die Dampfmaschi­ne bewegte das Schiff mit Kraft an der Ket­te entlang – es konnte so vier bis fünf wei­tere Kähne ziehen.

„ Maakuh “ nannten die Frankfurter die Kettenschlepp­dampfer, die Ende des 19. Jahrhun­derts aufkamen. Wo sie auftauchten, hörte man ihre Si­gnaltöne, die an ein Muhen erinnert ha­ben sollen. Außer­dem rasselten die Ketten wie im Stall Auf dem Grund des Flusses lag eine schwere Eisenkette. An ihr zog eine Dampfmaschine den Schlepper und vier bis fünf Kähne vorwärts. 1936 war die Zeit der „ Maa­kuh“ vorüber: Der Dieselmotor mach­te ihr den Garaus.

„Hafenstadt Frankfurt am Main“ ist der Titel einer Ausstellung, die im Kon­torhaus an der Lindleystraße seit ge­stern gezeigt wird. Von der „Maakuh“ gibt es dort nicht nur das Modell zu se­hen – auch ein Stück der alten Kette, die in den dreißiger Jahren nach England an einen Schrotthändler verkauft wurde, hat man aufgetrieben, außerdem die Ori­ginal-Schiffsglocke. Annähernd 100 Fo­tos zur Hafengeschichte hat Hermann Wygoda gesammelt, der die Ausstellung für die Hafen Frankfurt Managementge­sellschaft gestaltet hat.

Gezeigt wird die Geschichte der Häfen gleichsam als Voraussetzung für die Ent­wicklung Frankfurts. Als noch niemand an Hochhäuser dachte, verschickte man Postkarten von der Stadt oft mit Hafenan­sichten. Auf mittelalterlichen Bildern si­gnalisierten viele Schiffe vor Frankfurt Reichtum. Auch die Kurfürsten sollen zur Kaiserwahl nicht nur auf dem Landweg angereist sein, sondern bisweilen auch per Schiff, wie ein Holzschnitt der „Goldenen Bulle“ zeigt, mit der 1356 Frankfurt als Wahlort festgelegt wurde. Damals legten die Schiffe noch dicht am Römerberg an.

Mit der sogenannten Mainkanalisierung (1883 bis 1886), bei der Staustufen zwischen Frankfurt und der Mündung in den Rhein gebaut wurden, nahm der Schiffsverkehr einen starken Auf­schwung. 1886 wurde der Westhafen er­öffnet, 1913 der Osthafen. Frankfurt be­kam eine Speicherstadt, allerdings klei­ner als jene in Hamburg, und sogar Hafenkneipen entstanden.

Heute haben die Häfen einen gewalti­gen Strukturwandel hinter sich. Der Transport von Massengütern verlor an Bedeu­tung. Aus dem Westhafen wurde 1997 ein Wohngebiet. Im Osthafen werden noch drei Millionen Tonnen Fracht im Jahr um­geschlagen: Sand und Kies für die Beton­herstellung etwa, aber auch Kohle, Öl und Container.

CHRISTIAN SIEDENBIEDEL

â–  Die Ausstellung „Hafenstadt Frankfurt“ ist noch bis zum 16. September im Kontorhaus, Lindleystra­ße 12, zu sehen. Geöffnet ist sie dienstags bis samstags von 15 bis 19 Uhr und sonntags von 12 bis 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.

„ Maakuh “ nannten die Frankfurter die Kettenschlepp­dampfer, die Ende des 19. Jahrhun­derts aufkamen. Wo sie auftauchten, hörte man ihre Si­gnaltöne, die an ein Muhen erinnert ha­ben sollen. Außer­dem rasselten die Ketten wie im Stall Auf dem Grund des Flusses lag eine schwere Eisenkette. An ihr zog eine Dampfmaschine den Schlepper und vier bis fünf Kähne vorwärts. 1936 war die Zeit der „ Maa­kuh“ vorüber: Der Dieselmotor mach­te ihr den Garaus.

Besucher in der Ausstellung Hafenstadt Frankfurt am Main

17 Aug 2001
AUSSTELLUNG „Paul Wolff- Fotografien des Frankfurter Instituts für Stadtgeschichte“

Die Ausstellung wurde zunächst vom 17. August bis zum 2. September 2001 in der Dependance des Museums für Moderne Kunst, im Alten Hauptzollamt gezeigt.

Vom 27. November bis 23. Dezember wurde sie zum Teil mit einigen neuen Texten und Bildern im Bürgerhaus Saalbau Bornheim als Wiederholung präsentiert.

Aus dem Pressetext zur Ausstellung im SAALBAU:

Die Ausstellung erinnert aus Anlass des 50. Todestages von Paul Wolff in diesem Jahr an den bedeutenden Fotografen der Frankfurter Altstadt
Während ihrer ersten Station im Alten Zollamt des Museums für Moderne Kunst, wo sie bereits mehr als 2.000 Besucher hatte, haben sich viele Frankfurter Bürger, die eigene Erinnerungen an Paul Wolff hatten oder ihn sogar persönlich kannten, bei dem Kurator der Ausstellung, Hermann Wygoda, gemeldet. So wurde erst jetzt bekannt, dass die komplette Leica-Ausrüstung Wolffs sich seit seinem Tode in Frankfurt am Main befindet.

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Einladungskarten zu den Eröffnungen

Auch hatte Wolff 1950, ein Jahr vor seinem Tod, in Braunfels eine bisher unbekannte Autobiografie geschrieben, deren ersten beiden Seiten in der Fortsetzung der Ausstellung erstmals veröffentlicht werden. Auch ein erst jetzt entdecktes Foto von Paul Wolff aus dem Jahr 1943 kann in der Ausstellung zum ersten Mal gezeigt werden.
Paul Wolff hat sich mit seiner Arbeit für die Fotografie in Deutschland große Verdienste erworben. Sowohl durch seine Fotografien, als auch durch seine Bücher und Vorträge legte er die Grundlage für viele fotografierenden Laien, die sich mit den technischen Bedingungen und den gestalterischen Voraussetzungen der Fotografie auseinandersetzen.

eingang-ausstellung-im-mmkWerbung am Eingang des noch nicht umgebauten Haus am Dom Foto: Wygoda

Aus seiner jetzt aufgefundenen Biografie geht hervor, wie er selbst sich nicht nur die fotografischen Kenntnisse selbst angeeignet hat, sondern auch durch seine Experimente mit dazu beitrug, das „kleine“ Filmformat des Leica-Fotoapparates, der erstmals den Kinofilm benutzte, für die Fotografie praktisch nutzbar zu machen, um große Vergrößerungen herzustellen.

Die Stadt Frankfurt am Main, wo Wolff seit 1924 gearbeitet hatte, verdankt ihm mit seinen Aufnahmen ein einzigartiges fotografisches Gedächtnis ihrer untergegangenen Altstadt.

alter_markt_paul_wolffBlick vom Alten Markt zum Dom Foto: Paul Wolff

Aus dem umfangreichen Werk von Paul Wolff – allein das Institut für Stadtgeschichte hat rund 8.000 Motive archiviert – zeigen wir rund 50 Fotografien aus Frankfurt am Main und seiner Umgebung sowie Beispiele seiner Industriefotografien. Die ausgestellten Fotos aus dem Werk Höchst der IG Farben zeigen seine Arbeit als professioneller Auftragsfotograf.

Paul Wolff hatte in seinem Unternehmen, das er später gemeinsam mit Alfred Tritschler leitete, bis zu 20 Mitarbeiter beschäftigt. In seiner Biografie schrieb er, dass er „kein Reporter“ sei und er fasste seine Fotografie auch nicht als Kunst auf. Nach der ersten Station der Ausstellung wurde an dem bislang ebenfalls unbekannten Beispiel einer Reklameschrift der Reichs-Uhrenindustrie deutlich, in wie vielen unterschiedlichen Bereichen das Unternehmen „Paul Wolff“ tätig war.

Seine Fotografien veröffentlichte er in einer Vielzahl von Bildbänden, aber auch als Postkarten-Motive. Er hatte quasi eine „Bilderfabrik“, wie die Zahl von rund 500.000 Fotos belegt, welche im Bildarchiv „Dr. Paul Wolff und Tritschler“ in Offenburg aufbewahrt werden. Unsere Fotoauswahl zeigt sowohl „interessante“ Fotos als auch solche mit „schönen“ Motiven aus dem Frankfurt der 30er Jahre.

hauptwache_paul_wolffAn der Hauptwache Foto: Paul Wolff

Die Ausstellung stellt die Fotos in ihrem aktuellen Zusammenhang zu der Stadt Frankfurt am Main im Jahr 2001. In den Unterschriften wird erläutert, wo die abgebildete Örtlichkeit war und was heute dort zu sehen ist. Zwei Stadtpläne Frankfurts aus den Jahren 1944, vor der Zerstörung der Altstadt, und aus dem Jahr 1995 ermöglichen es den Besuchern sich ein Bild von dem „alten“ und dem „aktuellen“ Frankfurt zu machen und festzustellen, dass diese Stadt schon immer in Bewegung und im Umbruch war.
So ist in der Ausstellung beispielsweise das IG-Farben-Verwaltungsgebäude von Poelzig im Rohbau zu sehen, in das gerade die Universität eingezogen ist oder eine Innenansicht der Großmarkthalle im Ostend, deren Verlegung in nächster Zeit ansteht, weil das Gebäude von der Europäischen Zentralbank genutzt werden wird. Schließlich wurde auch eine Aufnahme aus dem Ostend in die Ausstellung aufgenommen, die von einer Glasplatte vergrößert wurde, bevor Wolff ausschließlich mit der Leica arbeitete.
Hermann Wygoda